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Nachhaltig Gutes tun

Wie sich Stiftungsgründung auch im Kleinen lohnen kann

Sind glücklich darüber, dass sie die Stiftung für die Gemeinde haben: Pfarrer Johannes Opfermann, Gründungsmitglied Gisela Anders (M.) und Kuratoriumsvorsitzende Birgit Lehr vor der Gründungs-Urkunde.

EPPERTSHAUSEN Wie es auch im Kleinen gelingen kann, eine Stiftung zu gründen? Das zeigt das Beispiel der Evangelischen Friedensgemeinde Eppertshausen.

Diese hat nur rund 1000 Mitglieder. Und trotzdem hat sie eine Stiftung, genannt SternenLicht. Und diese wächst. Seit 15 Jahren. Die Ergebnisse können sich sehen, hören, oder gar erklettern lassen: Ob besondere Online-Gottesdienste, E-Piano, Klettergerüst im Kirchgarten, neu gestalteter Friedensplatz und Jugendraum, weiterer Fahnenmast, Konferenztische oder ein fahrbarer Verstärker für Jugend-Musikprojekte... All dies gäbe es in der Friedensgemeinde wohl nicht ohne die Erträge aus der Stiftung SternenLicht.

Und noch wichtiger: Weil es diese Erträge gibt, hat die Friedensgemeinde auch eine gute zusätzliche Antwort auf die Frage: Wie wollen wir in Zukunft auf weniger Mitglieder und geringere Einnahmen reagieren – ein Problem, das landauf, landab vielen Vereinen, Organisationen und Kirchengemeinden zu schaffen macht. „Wenn ich diese Entwicklung beobachte, erscheint mir unsere Gemeindestiftung immer wichtiger“, sagt Gisela Anders. Sie war damals Vorsitzende des Kirchenvorstands und hat das Stiftungsprojekt gemeinsam mit Pfarrer Johannes Opfermann initiiert und maßgeblich mit umgesetzt. Dass das viel schwieriger war, als anfangs gedacht, und dass dabei manches unterschätzt wurde, gibt sie offen zu. Sie erzählt aber auch, wie es dennoch gelang. Und warum sie heute über SternenLicht sagen kann: „Ich finde, dass sich eine Stiftung lohnen kann!“

 

Zwei Jahre Vorarbeit

 

„Zwei Jahre dauerten die Vorarbeiten“, berichtet Anders. „Es war ja völliges Neuland für den Kirchenvorstand“. Der informierte sich bei der Landeskirche, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Und als deren Wanderausstellung „Stiften tut gut“ nach Eppertshausen kam, sprang der Funken über, erinnert sich Anders. Einen regelrechten Stiftungsboom habe es gegeben. Trotzdem mussten unzählige Fragen beantwortet, mussten viele Details angepasst werden: Welche Stiftungsform wählen wir? Wie halten wir den Verwaltungsaufwand klein? Was passt zu unserer Gemeinde? Viele Genehmigungen waren einzuholen. Immer wieder musste der Kirchenvorstand abstimmen. Natürlich sollten auch die Gemeindemitglieder auf dem langen Weg mitgenommen werden und mussten informiert werden. Und dann war da noch der schwerste Brocken: Gründungsmitglieder und Kapital zu werben. „Schwierig, wenn man selbst neu im Metier ist.“

 

Pfarrer Opfermann: Wie bei Martin Luther

 

Immerhin litt die Gemeinde nicht unter Finanznot, stand also nicht unter Erfolgsdruck, wie Pfarrer Johannes Opfermann darlegt. „Als wir die Stiftung gründeten, ging es uns ein wenig wie Martin Luther: Wir hatten das sichere Gefühl, das Richtige zu tun, aber wir wussten nicht recht, was auf uns zukommt.“ Am 5. Juli 2007 war es dann so weit: 21 Gründerinnen und Gründer hatte man beisammen. Auf einer schillernden Tafel, die im Kirchenvorraum einen Ehrenplatz hat, sind die Namen vermerkt. Genannt sind all diejenigen, die den Grundstock lieferten, knapp 51000 Euro. Dieses Kapital brachte die ersten Zinserträge für die kirchengemeindlichen Aktivitäten, für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren, für Erwachsenenbildung, aber auch für den baulichen Bereich.

 

Am zweiten Advent wurde offiziell das Gründungsfest gefeiert. Und was dann kam, liest sich wie eine kleine Erfolgsgeschichte: Zehn Jahre später, 2017, sind bereits 16 000 Euro aus der Stiftung in die Förderung der Evangelischen Friedensgemeinde geflossen. Heute macht der Ertrag aus der Stiftung etwa zehn Prozent der Einnahmen aus, 4100 Euro Ertrag im letzten Jahr. „Für uns ist das ein ganz schönes Zubrot“, sagt Anders.

 

Dem Gemeinwohl verpflichtet

 

Doch Niedrigzinsen machen gerade den kleinen Stiftungen schwer zu schaffen. Ein Selbstläufer ist auch SternenLicht nicht. Warum es bei der Friedensgemeinde trotzdem so gut lief? Warum der Kapitalertrag stabil blieb und, absolut gesehen, sogar anstieg? Ein Blick in die Bilanz zeigt dafür drei Gründe: Erstens ist das Kapital weitergewachsen. „Manche Freunde der Friedensgemeinde stiften regelmäßig jedes Jahr zu“, freut sich Pfarrer Opfermann. In den ersten zehn Jahren waren 33000 Euro Kapital hinzugekommen. Und bis Ende 2019 war das Kapital auf rund 90000 Euro angewachsen. Zweitens: Die Gesamtkirchenkasse zahlt auf Gemeindestiftungen Zinsen, die über dem üblichen Niveau liegen – es gibt also einen Zuschuss. Und drittens hat die Landeskirche das Geld offenbar gut angelegt. Wie Opfermann erklärt, auch in Form von Aktien. „Diese werden allerdings nicht einfach nach Gewinnkriterien, sondern auch nach ethischen, christlichen Werten im Sinne der Nachhaltigkeit ausgewählt.“

 

„Transparenz darf nicht stiften gehen“

 

Doch wie verhindert die Friedensgemeinde, dass bei alledem nicht die Transparenz stiften geht? Ein paar Mechanismen dazu erklärt Birgit Lehr, die Vorsitzende des Stiftungskuratoriums. Diesem Gremium gehören fünf ehrenamtliche Mitglieder an. Es beschließt auf Antrag, wofür die Stiftungserträge verwendet werden. Antragsberechtigt ist allein der Kirchenvorstand. Aber das Kuratorium hat ein Veto-Recht gegenüber den Vorschlägen des Kirchenvorstands. Und nur dieser darf beschließen, wofür die Kapitalerträge ausgegeben werden. Kontrolliert wird die Stiftung durch die Aufsicht der Landeskirche. „Wir dürfen die Zinserträge nicht dem Kapital zuführen, auch nicht zum Inflationsausgleich“, sagt Lehr. Das erwirtschaftete Geld soll zeitnah komplett für den Stiftungszweck verwendet werden.

Übrigens: Wer stiftet, wird vom Staat belohnt: „Zustiftungen werden steuerlich gefördert“, erklärt Lehr. Zuwendungen an Kirchengemeinden können bis zu 20 Prozent steuerlich geltend gemacht werden.

 

100000-Euro Ziel

 

Und doch – um die großen Ziele zu erreichen, zum Beispiel die Finanzierung einer Teilstelle für die Jugendarbeit – wäre viel mehr Kapital nötig, vielleicht das Fünffache. Doch schon die Zwischen-Etappe, die man sich zum zehnjährigen Bestehen gesetzt hatte, die 100000 Euro-Marke, wurde bis heute nicht geknackt. „Eine Stiftung braucht dauernde Pflege“, erklärt Anders, warum diese Schallmauer auch fünf Jahre später noch unerreicht ist. „Um eine größere Summe zu bekommen, ist kontinuierlich ein engagiertes Team nötig, das weitere Zustiftungen einwirbt.“ Dennoch sagt Gisela Anders: „Ich bin zufrieden mit der Stiftung!“

 

Weithin vorgesorgt

 

Bleibt die Frage: Was, wenn eines Tages die Friedensgemeinde doch in einer größeren Gemeinde aufgehen sollte? Selbst für diesen Fall ist vorgesorgt: „In der Stiftungssatzung ist festgelegt, dass die Stiftungserträge auch dann nur für Eppertshausen verwendet werden dürfen“, erklärt Lehr.


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